
Eine Wohnungseigentümergemeinschaft (WEG) gründet sich neu oder der bestehende Verwaltungsbeirat möchte aus persönlichen oder gesundheitlichen Gründen nicht weitermachen. Ein neuer Beirat muss gewählt werden – und so schwierig kann das doch eigentlich nicht sein? Wenn die Hausverwaltung seriös und zuverlässig arbeitet und sich die ewigen Streitereien unter den Miteigentümern in Grenzen halten, ist eine Aufgabe als Verwaltungsbeirat womöglich unproblematisch. Aber was nun, wenn der Verwalter fehlt, Beschlüsse nicht umgesetzt werden oder wenn der Wirtschaftsplan nicht plausibel ist? Eine Tätigkeit als Verwaltungsbeirat kann sehr zeitintensiv werden – und über ein gewisses kaufmännisches wie administratives Grundwissen sollte man dabei schon verfügen. Was für und was gegen eine Wahl zum Verwaltungsbeirat einer WEG sprechen kann und welche Gründe gegen eine solche Aufgabe. Wir bringen in diesem Artikel Licht ins Dunkel.
Planen Sie Zeit und Konfliktpotenzial ein, wenn Sie sich in den Verwaltungsbeirat einer WEG wählen lassen.
Inhaltsverzeichnis
Gründe für eine Mitgliedschaft im Verwaltungsbeirat!

Ihre Wohnungseigentümergemeinschaft besteht aus konstruktiven und sachlichen Menschen, die wirklich an dem Erhalt des Gemeinschaftseigentums interessiert sind? Ihr Verwalter arbeitet seit vielen Jahren vertrauensvoll und kompetent mit dem Verwaltungsbeirat zusammen, das Hausgeld ist niedrig, Sie haben eine angemessene Rücklage sowie offene Fremdgeldkonten (WEG-Eigenkonten)? Großartig! Möglicherweise sind auch Ihre Eigentümerversammlungen keine fünfstündigen Rederunden, in denen man nicht zum Ergebnis kommt? Sie können sich glücklich schätzen, so häufig trifft dies alles in einer Wohnungseigentümergemeinschaft nicht zu. Angenommen, der Verwaltungsbeirat Ihrer WEG braucht ein weiteres Mitglied, denn drei müssen es laut Wohnungseigentumsgesetz sein – es sei denn, Ihre Teilungserklärung sieht etwas anderes vor – und Sie werden vorgeschlagen. Warum braucht man einen Verwaltungsbeirat und was sind die Aufgaben? Haben Sie ausreichend zeitliche Ressourcen für eine Beiratsaufgabe? Wenn ja, dann sollten ein paar Punkte überlegen, bevor Sie sich zur Wahl aufstellen lassen.
Überlegungen vor der Aufnahme der Funktion eines Verwaltungsbeirates!

- Sie haben ein Grundverständnis für Verwaltungsangelegenheiten und für das Wohnungseigentumsgesetz (WEG), z.B. bezüglich des Unterschieds Abberufung / Abwahl des Verwalters, Treuhandkonten / WEG-Konten, Vertragsunterschriften und dergleichen. Als Beirat prüfen Sie Wirtschaftspläne, Abrechnungen und Kostenvoranschläge sowie weitere Dokumente.
- Sie wissen um ihre vermittelnde Funktion zwischen Eigentümern und Verwaltung. Kontrolle von Miteigentümern und Handwerkern ist nicht Ihre Aufgabe.
- Für die Rechnungsprüfung nehmen Sie sich ausreichend Zeit und erkennen mögliche Abweichungen. Sie sind eingelesen und wissen, dass Verwalter z.B. bei Sanierungsmaßnahmen drei Angebote vorlegen müssen.
- Ihnen gelingt es, sich allen (!) Miteigentümern, Nießbrauchern und Mietern gegenüber neutral zu verhalten.
- Sie sind Eigentümer mindestens einer Wohnung in der WEG, nicht Nießbraucher, Ehepartner eines Eigentümers usw. Ein Nicht-Eigentümer im Verwaltungsbeirat ist nur nach einstimmiger Wahl ausnahmsweise möglich.
- Es ist ausreichend Zeit vorhanden, dass Sie ggf. alle Miteigentümer bei anstehenden Problemen z.B. mit der Verwaltung, informieren können.
- Sie gehen mit einem Mindestmaß an Verantwortung gelassen um und unsachliche bzw. aggressive Eigentümer machen Ihnen nichts aus. Es geht schließlich um Vermögenswerte wie z.B. die Instandhaltungsücklage. Auch kann sich das noch so harmonische Gefüge einer WEG durch den Verkauf nur einer Wohnung deutlich und schlagartig ändern.
- Sie können wichtige Sachverhalte (Treuhandkonten vs. WEG-Eigenkonten) von weniger wichtigen Dingen (Klingelschilder) unterscheiden und die richtigen Prioritäten setzen.
- Ihnen bereitet es Freude, dazuzulernen und Ihren Horizont zu erweitern. Wer in kaufmännischen Angelegenheiten gut eingelesen ist, mag nicht zwingend ein technisches Verständnis haben und umgekehrt.
- Sie können außerordentliche Eigentümerversammlungen als Beirat einberufen, um z.B. Schaden von der WEG abzuwenden, sollte etwa der Verwalter erkrankt, nicht mehr auffindbar oder verstorben sein.
- Ein Mitwirken im Verwaltungsbeirat erlaubt es Ihnen, aktiv an der korrekten Vermögensverwaltung und Instandhaltung der Gemeinschaft mitzuwirken. Fühlt sich niemand verantwortlich, können Sie die Geschicke selbst mitgestalten und dabei Positives für alle Miteigentümer bewirken.
Wenn Sie unter anderem diese Punkte berücksichtigen und vielleicht schon etwas Erfahrung aus anderen Wohnungseigentümergemeinschaften mitbringen, dann können Sie eine Aufgabe als Verwaltungsbeirat sicher gut erfüllen. Es gibt natürlich auch Menschen mit gewissen Berufen, die hervorragend für eine solche Tätigkeit und für die damit verbundene Belegprüfung geeignet sind: Juristen, Kaufleute, Steuerberater oder auch Verwaltungsfachangestellte. Diese haben jedoch erfahrungsgemäß – sofern sie nicht verrentet oder pensioniert sind – wenig Zeit.
In vielen Wohnungseigentümergemeinschaften entsteht oft eine lebhafte Diskussion darüber, wer sich im Verwaltungsbeirat engagieren will oder kann. Es gibt zahlreiche Gründe, die auch klar und eindeutig gegen die Wahl eines Verwaltungsbeirats sprechen. Dieses oft undankbare Ehrenamt ist oft mit einem hohen Zeitaufwand verbunden, wenn Sie Ihre Funktion mit dem erforderlichen Engagement ausfüllen wollen.
Es gibt viele Gründe, die gegen eine Wahl in den Verwaltungsbeirat sprechen!

- Die Wohnungseigentümer sind untereinander sehr zerstritten und es ist Ihnen nicht möglich, eine sachlich-neutrale Ansicht zum Wohle der Gemeinschaft bzw. des Bauzustandes zu vertreten.
- Sie kennen sich nicht mit dem Wohnungseigentumsgesetz (WEG) und den Grundlagen einer ordnungsgemäßen Verwaltung aus: Beiräte dürfen mitnichten selbstständig Handwerkerverträge für die WEG abschließen, Weisungsbefugnisse gegenüber Miteigentümern wahrnehmen oder Jahresabrechnungen eigenmächtig genehmigen usw.
- Sie können nicht die notwendigen zeitlichen Ressourcen aufbringen. Gerade dann, wenn die WEG ohne Verwalter dasteht und Sie nicht nur eine außerordentliche Eigentümerversammlung (zu der dann ebenfalls auch die Protokollführung, die Aktualisierung der TOP-Liste und deren Versand sowie die Führung der Beschlusssammlung gehört) einberufen müssen, sollten Sie den tatsächlichen Zeitaufwand realistisch abschätzen.
- Die WEG wird von den Eigentümern selbst verwaltet und Sie sind der Verwalter. Ein Verwalteramt schließt ein Engagement als Verwaltungsbeirat aus – beides zur gleichen Zeit bedeutet einen Interessenskonflikt und ist somit nicht gestattet.
- Sollte der WEG ein Schaden durch das fahrlässige oder vorsätzliche Verhalten eines Beirats entstehen, dann haftet jedes Beiratsmitglied – und zwar persönlich mit dem eigenen Vermögen.
- Handeln Sie fahrlässig z.B. bei der nicht zulässigen Abnahme von mangelhaft durchgeführten Handwerkerleistungen, dann kann es im Zweifelsfall richtig teuer werden. Eine Vermögensschadenhaftpflichtversicherung sollte daher in Betracht gezogen werden, oder es werden konkrete Haftungsausschlüsse für den Beirat formuliert.

Im Wohnungseigentümergesetz sind zentrale wichtige Punkte jedoch fest verankert: Eine WEG kann auch gut ohne einen Verwaltungsbeirat auskommen. Dies ist etwa dann ratsam, wenn es keine neutrale und / oder fähige Personen gibt, die das Amt kompetent und nach besten Wissen und Gewissen ausführen können. Ein inkompetenter Beirat kann schließlich sehr viel Schaden anrichten und die Wohnsituation erheblich verschlechtern. Stellen Sie sich vor, die Jahresabrechnungen werden immer nur durchgewinkt und niemand bemerkt, dass anstatt der vertraglich zugesicherten offenen Fremdgeldkonten alle Finanzen der WEG über unsichere Treuhandkonten laufen! Die gute Nachricht an dieser Stelle ist, dass jeder Eigentümer ein Einsichtsrecht bei der Verwaltung hat und dieses nach Terminvergabe einfach so wahrnehmen kann. Auch ohne das Amt des Verwaltungsbeirates ist es also jedem Eigentümer möglich, einen Blick in die Rechnungen zu werfen und diese auf ihre sachliche und rechnerische Richtigkeit zu prüfen. Dies setzt wiederum voraus, dass man weiß, worauf man zu achten hat und was die ordnungsgemäße Verwaltung bedeutet, wenn der Verdacht entstanden ist, dass der Verwalter nicht korrekt arbeitet.
Wichtige Hinweise für Wohnungseigentümer, wenn es keinen Verwaltungsbeirat gibt und Probleme auftauchen!

- Sollte die WEG ohne Verwalter dastehen, kann auch jeder einzelne Eigentümer zum Amtsgericht gehen und eine Notverwaltung beantragen. Das muss nicht zwingend der Verwaltungsbeirat sein, wenn es darum geht, Schaden von der WEG abzuwenden. Dies kann etwa dann der Fall sein, wenn der Verwalter schwer erkrankt und arbeitsunfähig ist, kein Verwaltungsbeirat existiert und ein undichtes Dach Probleme bereitet. Jedoch müssen dem Gericht drei Angebote von Verwaltungen nebst schriftlicher Einwilligung zur Übernahme des Verwalteramtes vorliegen.
- Für den Fall, dass es – aus welchen Gründen auch immer – keine Verwaltung mehr gibt und keinen Beirat, kann man sich als Eigentümer ohne Weiteres gerichtlich ermächtigen lassen, selber eine außerordentliche Eigentümerversammlung einzuberufen. Auch gibt es das Minderheitenrecht, wenn sich mindestens ein Viertel der Eigentümer zusammenfindet und eine außerordentliche Eigentümerversammlung initiieren möchte.
- Nicht jeder Verwaltungsbeirat ist bei auftretenden Problemen ein guter Ansprechpartner, sondern gibt manchmal nur wieder, was er „vom Hörensagen“ kennt. „Das haben wir schon immer so gemacht!“ ist im Zweifelsfall eine ungünstige Aussage und besonders bei komplexeren Problemen kein guter Ansatz. Wird es in einer WEG kritisch, müssen Sie sich als Eigentümer leider immer selbst einlesen und kundig machen. Der Aufwand ist es oft aber schlichtweg wert!
Sollte man sich nun in den Verwaltungsbeirat der eigenen WEG wählen lassen?!

Im Fazit ist die Frage, ob man sich in den Verwaltungsbeirat einer WEG wählen sollte, nicht immer eindeutig zu beantworten. Zu unterschiedlich ist jede einzelne WEG, und es spielen zahlreiche Faktoren wie Mentalitäten, Kompetenzen und Fähigkeiten sowie auch die (noch) vorhandene Hausverwaltung eine Rolle. Das Zusammenspiel von menschlichen, technischen wie kaufmännischen Aspekten liegt nicht jedem und es sollte daher gut überlegt sein, ob man den daraus resultierenden Verantwortlichkeiten gewachsen ist. Nicht selten geht in einer Beiratsfunktion sehr viel Zeit drauf und Sie haben es vielleicht auch noch ständig mit schwierigen Eigentümern zu tun, die zum Beispiel gar nicht verstehen, dass Sie nicht zur Wahrnehmung von Hausmeistertätigkeiten gewählt wurden. Natürlich gibt es viele Gegenbeispiele in Wohnungseigentümergemeinschaften, in denen der Beirat die Vermittlerfunktion zwischen Eigentümern und Verwaltung sehr gut wahrnimmt und hierdurch regelmäßig Schäden von der Gemeinschaft abwendet. Bevor Sie sich zu einer Wahl aufstellen lassen – oder nicht – sollten Sie sich ausreichend Zeit nehmen und alle Vor- wie Nachteile gegeneinander abwägen!
Über die Autorin
Lisa Bönemann hat über mehrere Jahre hinweg als Eigentümerin die verschiedensten Hausverwaltungen kennengelernt: engagierte und kompetente Verwaltungen sowie leider auch weniger gute, bei denen die Post monatelang auflief. In dieser Zeit hat sie sich intensiv in das Thema Hausverwaltung einarbeiten müssen und festgestellt, dass es im Internet nur wenig Informationen für Wohnungseigentümer gibt. Um dies zu ändern, hat sie das Portal Hausverwaltung-Ratgeber.de gegründet.